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»Eine uralte Kulturlandschaft«

Für Ignacio Pereda stehen die portugiesischen Korkeichenbiotope für ein wertvolles kulturelles Erbe. Der Forstexperte erforscht an der Universität Madrid die portugiesische und spanische Korkindustrie und hat zahllose Beiträge und Bücher zum Thema veröffentlicht.

»Die Korkeichenbiotope sind alte Öko-Systeme, die man ohne ihre Geschichte nicht versteht. Die Korkernte ist ein altes, traditionelles Handwerk, das seit rund 200 Jahren unverändert von Generation zu Generation, von Vater zu Sohn weitergegeben wird. Im Gegensatz zur universitären Erforschung des Korks, die stark von Frauen geprägt ist, ist die Arbeit mit Axt und Messer bei der Ernte ein vollständig männliches Handwerk. Frauen kommen erst beim Abtransport des geernteten Korks zum Zug.

Der Aufschwung der Korkbranche beginnt Mitte des 19. Jahrhunderts – als der Korkpreis wegen der zunehmenden Verwendung als Flaschenverschluss deutlich anzieht. Die Korkeiche war bis zu diesem Zeitpunkt kein sonderlich lukrativer Baum. Das änderte sich damals innerhalb weniger Jahre, so dass es sich für Landbesitzer zunehmend zu lohnen begann, in die Bewirtschaftung von Korkeichenbiotopen zu investieren und Forsttechniker zu engagieren.

Seit den 1840ern kaufte das Ausland, insbesondere Großbritannien und Deutschland, immer mehr Rohstoff aus Spanien und Portugal ein, um diesen zu Korken zu verarbeiten. In Delmenhorst etwa gab es einen wichtigen Verarbeitungsstandort. Parallel entstanden erste Manufakturen in Katalonien und in der Alentejo-Region Portugals, in der Nähe von Evora. Die Korkenherstellung war zu dieser Zeit eine reine Handarbeit, die oft von der ganzen Familie daheim durchgeführt wurde.

Erst um die Jahrhundertwende wurde die Korkbranche schrittweise industrialisiert. Jetzt entstanden die ersten großen Fabriken mit tausend und mehr Arbeitern. Diese Fabriken befanden sich in der Nähe von Ballungszentren wie der Gegend rund um Lissabon, wo es um die Jahrhundertwende viele Korkfabriken gab.

In den USA wurden zu dieser Zeit neue Produkte und Produktionsmethoden erfunden, etwa das schwarze Korkagglomerat, das zur Isolierung von Häusern verwendet wird, oder das Linoleum, das mit Korkpulver hergestellt wird. Zwar gab es eine kleine Linoleum-Firma in der Nähe von Madrid, aber die meisten Linoleum-Hersteller saßen in England, Deutschland oder den USA, die dementsprechend große Mengen Kork einkauften. In Portugal gab es nie eine eigene Linoleum-Herstellung.

Für die portugiesische Korkindustrie bedeuten die 1930er Jahre einen positiven Einschnitt. Die spanische Korkproduktion kam wegen des Bürgerkriegs (36-39) zum Erliegen. Davon profitierte Portugal. Zugleich schuf die Salazar-Diktatur zwischen 1927 und 1974 Institutionen, um Kork zu erforschen, an internationalen Messen teilzunehmen und das Material zu bewerben. Etwas Ähnliches fand in Spanien nicht statt, so dass Portugal langfristig den Kork-Sektor übernehmen konnte. So verschwindet Spanien zwischen den Dreißigern und Sechzigern als großer Korkstandort und Portugal nimmt die Spitzenposition ein.

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Ignacio Garcia PeredaForstexperte an der Uni Madrid

Seit den 1960ern sieht man verstärkt portugiesische Familiennamen in der Korkindustrie. Die Verarbeitung findet nun zunehmend in Portugal selbst statt. Dies ist der Beginn des Aufstiegs beispielsweise der Familie Amorim. Dabei wird eine Kleinstadt in der Nähe von Porto, Santa Maria de Lamas, zum Zentrum einer weltweit exportierenden Industrie. Die portugiesische Korkindustrie profitiert dabei vom Aufbau eines Netzwerks von Handelsstationen im Ausland. Auch die Sicherung des osteuropäischen Markts, noch zu Zeiten der Salazar-Diktatur, ist ein großer Erfolg.

In den Siebzigern sieht man die ersten Investitionen der Portugiesen in Laborforschung, so dass sie Anfang der Achtziger die Nase vorn haben beim Nachweis von TCA und des damit verbundenen Weinfehlers. Den Portugiesen wurde rasch klar, dass das ein großes Problem werden könnte – seither haben sie hunderte von Millionen in die Behebung des Problems investiert.

Der Korkanbau hat eine lange Geschichte, die aufs Innigste mit der Weinkultur verbunden ist. Oft wird darauf hingewiesen, dass die Korkbranche besonders nachhaltig produziert und Prototyp einer grünen Ökonomie ist. So richtig das ist, bevorzuge ich das Argument der Tradition. Die Korkeichenbiotope sind uralte Kulturlandschaften, deren Bewahrung ein wertvolles Stück Geschichte lebendig hält.«

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